Lebensweise

Die Zauneidechse ist ein Kulturfolger. In unserer Kulturlandschaft konnte man sie denn auch über Jahrhunderte hinweg fast überall antreffen. Jedenfalls, solange diese über genügend Kleinstrukturen und Saumbiotope verfügte. Der Name des Tiers rührt ja daher, dass es typischerweise entlang von Zäunen lebt. An Orten eben, wo meist auch Altgrasstreifen vorhanden sind. 

Zauneidechsen bei der Paarung. Das Männchen hält das Weibchen mit einem Flankenbiss fest.
Zauneidechsen bei der Paarung. Das Männchen hält das Weibchen mit einem Flankenbiss fest.

Weg- und Strassenränder, Feldraine, Brachstreifen, Hecken und Steinhaufen bieten dieser Eidechse jene kleinen  und kleinsten Flächen in der Landschaft, die sie zum Überleben braucht. Durch die Intensivierung der Landwirtschaft, die Zersiedelung der Landschaft und nicht zuletzt wegen unserem Ordnungswahn sind diese Flächen vielerorts verschwunden. Und mit ihnen verschwindet leider auch die Zauneidechse mehr und mehr.

Paarung im Frühling

Unmittelbar nach dem Verlassen der Winterquartiere, meist Ende März oder im April, beginnt die Paarungszeit. Diese erreicht ihren Höhepunkt Ende April und im Mai. Sie kann aber auch bis Anfang Juni dauern. Bis in den Frühsommer hi-nein sind die Männchen prachtvoll grün gefärbt. Vier bis sechs Wochen nach der Paarung legen die Weibchen, die meist im dritten Lebensjahr geschlechtsreif werden, Eier ab. Im Durchschnitt sind es sechs bis neun, maximal etwa 15. Die Eier sind weiss, eher weichschalig und leicht oval. Das Weibchen legt sie unter Steine oder in selbstgegrabene Höhlen an warmen Standorten ab. Dabei bevorzugt es sandige Böden. Die Jungtiere schlüpfen im Hoch- oder Spätsommer. Zauneidechsen pflanzen sich jährlich einmal fort.

Erfolgreiche Jäger

Zauneidechsen ernähren sich von tierischer Beute. Sie fressen vorwiegend Insekten und Spinnen. Auch Tausendfüsser werden nicht verachtet. Etwas seltener erbeuten sie Asseln, Schnecken und Würmer. Die Beutevielfalt ist letztlich abhängig vom örtlichen und jahreszeitlichen Angebot. Reifes Obst oder Beeren werden manchmal abgeleckt oder vereinzelt sogar gefressen. Dies aber mehr aus Interesse als zur Deckung des Energiebedarfs. Ihren Bedarf an Flüssigkeit decken Eidechsen, indem sie Tau und Regenwasser auflecken.

Zahlreiche Fressfeinde

Viele Vogelarten machen Jagd auf Zauneidechsen. Auch Säugetiere stellen ihnen nach: Marder und Dachse, Füch-se, Wildschweine, Mäuse und viele mehr. Unter den Reptilien ist die Schlingnatter der grösste Feind. Junge Zauneidechsen werden auch von anderen Eidechsen, Amphibien und sogar von Insekten erbeutet. Eine ganz wesentliche – im Siedlungsgebiet sogar die entscheidendste – Bedrohung geht aber von der Hauskatze aus. Wie andere heimische Eidechsen kann auch die Zauneidechse ihren Schwanz abwerfen, wenn sie einem Feind entkommen will.

Nicht sehr wanderfreudig

Der Raum, in dem eine Zauneidechse jagt, sich fortpflanzt und überwintert, ist erstaunlich klein. Die meisten Tiere entfernen sich im Laufe ihres Lebens nicht weiter als 30 Meter von ihrem Schlupfort. Zauneidechsen besitzen einen guten Orientierungssinn. Sie kennen ihren Lebensraum. Wenn man einzelne Tiere versetzt, versuchen sie so schnell wie möglich wieder in ihr Revier zurückzufinden. In der Regel wandern vor allem jüngere Zauneidechsen ab, die bei hoher Populationsdichte aus ihrem an-gestammten Lebensraum vertrieben werden. Dabei legen sie auch grössere Distanzen zurück. Sie sind 

in der Lage, neu entstandene oder noch nicht vollständig besetzte Lebensräume in ihrer Nachbarschaft zu besiedeln. Grosse, starke Populationen werden damit zu wichtigen Quellen für die Ausbreitung der Art.

Lange Winterruhe

Die Überwinterung beginnt bei der Zauneidechse früher als bei anderen Reptilienarten. Wenn ausgewachsene Tiere gut genährt sind, ziehen sie sich schon im August oder September in ihre Verstecke zurück. Länger aktiv – meist bis etwa Mitte Oktober – bleiben die im laufenden Jahr geborenen Jungtiere. In den Wintermonaten kann man  Zauneidechsen – ganz im Gegensatz zu Mauereidechsen – selbst bei warmem Wetter nicht beobachten. Als Winter-quartiere dienen der Zauneidechse alle möglichen Hohlräume im Erdreich. Meist bleibt sie am selben Standort, an dem sie auch schon den Sommer verbracht hat. Ideal für die Überwinterung sind frostfreie Quartiere. Vieles aber deutet darauf hin, dass die Zauneidechse selbst kurze Frostperioden zu überleben vermag.

Jahreszyklus der Zauneidechse
Jahreszyklus der Zauneidechse

Mauereidechse als Konkurrent

Die Mauereidechse hat sich in der Schweiz stark ausgebreitet. Mittlerweile kann man sie in Gegenden und Lebensräumen beobachten, wo man ihr vor zwanzig Jahren noch nicht begegnet ist. Wahrscheinlich gibt es dafür mehrere Gründe: 

  • Mit Bahn- oder Strassentransporten wird die Mauereidechse immer wieder an neue Standorte verschleppt. Dort kann sie sich oft halten und auch ausbreiten.
  • Der Klimawandel bringt der Mauereidechse, die auf Wärme angewiesen ist, Vorteile. 
  • Die Mauereidechse ist äusserst anpassungsfähig. Deshalb kommt sie mit städtischen Lebensräumen oder mit der Verfolgung durch Hauskatzen besser zurecht als die Zauneidechse.

An vielen Orten trifft der Neuankömmling direkt auf die einheimische Zauneidechse. Dabei kann die  Mauereidechse die heimische Zauneidechse verdrängen. Wie genau dieser Verdrängungsprozess vor sich geht, ist noch nicht ganz klar. Zwei Gründe aber dürften sicher mitspielen: Zum einen kommt bei der Nahrungssuche Rivalität auf. Zum andern können  Mauereidechsen Jungtiere der Zauneidechse fressen. 

 

Mauereidechsen, die man in der Zentral- und Ostschweiz antrifft, sind immer eingeschleppt. Häufig sind es Unterarten aus Italien oder Kreuzungen. Es ist deshalb aus Sicht des Naturschutzes unerwünscht, wenn die 

 Mauereidechse die einheimische Zauneidechse mehr und mehr verdrängt.